Tuberkulose (TB) ist die tödlichste Infektionskrankheit des Menschen und fordert jedes Jahr weltweit rund 1,5 Millionen Menschenleben. Um diese Lungenkrankheit erfolgreich zu behandeln, muss eine Mischung verschiedener Medikamente über mehrere Monate hinweg verabreicht werden. Dies ist jedoch problematisch, da die bakteriellen Erreger resistent werden und selbst in behandelbaren Bakterienpopulationen hochresistente Subpopulationen nachgewiesen werden können. Um die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern, ist es daher nicht nur notwendig, neue Antibiotika zu entwickeln, sondern auch immer wieder neue Wirkstoffkombinationen zu finden. Solche Kombinationen können bisher nur empirisch in aufwändigen klinischen Studien identifiziert werden. Neue digitale Werkzeuge in Kombination mit neuartigen Analysewerkzeugen, wie z.B. selbstlernende Algorithmen der künstlichen Intelligenz, haben das Potenzial, das Zusammenspiel verschiedener Antibiotika auf den mykobakteriellen Stoffwechsel schneller und kostengünstiger zu entschlüsseln, so dass geeignete Medikamentencocktails zur Überwindung der TB-Arzneimittelresistenz und zur Verbesserung der derzeitigen Behandlungsschemata identifiziert werden können.
Die Resistenz gegen Arzneimittel ist eine dramatische Herausforderung für die tödlichste Infektionskrankheit der Welt, die Tuberkulose (TB). In unserem Projekt verwenden wir selbstlernende Algorithmen, um die Interaktion verschiedener Medikamente in ihrer Wirkung auf den Stoffwechsel von Mykobakterien, den Erregern der Tuberkulose, zu verstehen. Auf diese Weise können wir nicht nur neue geeignete Arzneimittelkombinationen für die Tuberkulosebehandlung vorhersagen, sondern auch biologische Moleküle bestimmen, die Resistenzmechanismen widerspiegeln, so dass wir herausfinden können, wie wir dies mit Medikamenten gezielt rückgängig machen können. Dieser kombinierte Ansatz ergibt ein dringend benötigtes präklinisches Labormodell, mit dem wir die weitere Ausbreitung der Krankheit stoppen können.
Die Identifizierung neuer Arzneimittelkombinationen bei Tuberkulose ist sehr schwierig, da geeignete präklinische Modelle zur Vorhersage von Synergieeffekten fehlen. Dies ist ein große Herausforderung für die Wissenschaft, um den steigenden Bedarf an Therapien gerecht zu werden.
Zunächst werden wir die Eigenschaften üblicher antimycobakterieller Wirkstoffe untersuchen. Eine neue experimentelle Technik, die an der LMU entwickelt wurde, ermöglicht es uns, ihre Wirkungsweise, Resistenzmechanismen und Anpassungsreaktionen in noch nie dagewesener zeitlicher Auflösung zu beschreiben. Dies wird es uns ermöglichen die Wirkung verschiedener Antibiotika sowie auch deren Kombinationen zu charakterisieren.
Diese Analyse wird dank künstlicher Intelligenz und Systembiologie vorangetrieben. Ein besseres Verständnis des Erregers wird gewonnenen mit der Modellierung der dynamischen Daten, und ermöglicht die Entwicklung neuer Therapieansätze. Neuronale Netzwerke und Random Forests werden trainiert um neue Medikamentenkombinationen und deren Wirkung vorherzusagen.
Unser Hauptziel ist die Entwicklung neuer Therapieansätze gegen normale und resistente Tuberkulose, welches basiert auf einer neuen experimentellen Methoden und künstlicher Intelligenz.
Auf diese Weise wollen wir herausfinden, welche Wirkstoffe ideal zusammenpassen, um das Potential von Kombinationstherapien bei Tuberkulose auszuschöpfen. Dies könnte weniger toxische und kürzere Behandlungsschemata bieten. Darüber hinaus wollen wir neue Arzneimittelkombinationen identifizieren, die arzneimittel resistente TB wirksam bekämpfen können.
Laut WHO stellen antimikrobielle Resistenzen, wie wir sie bei der Tuberkulose finden, derzeit die größte langfristige Bedrohung für die Gesundheit und das Wohlbefinden des Menschen dar. Dieses Projekt baut auf neuartigen Data Science Ansätzen innerhalb der Grundlagenforschung auf, um die Entwicklung und Verbreitung von Resistenzen innerhalb dieser Infektionskrankheit anzugehen und ihnen entgegenzuwirken.
In den letzten Jahren ist es der Molekularbiologie in Bayern gelungen, schnell auf internationale Trends zu reagieren und spezifische, für die wissenschaftliche Gemeinschaft relevante Schlüsselthemen aufzugreifen und voranzutreiben. Damit trägt dieses Projekt dazu bei, die künstliche Intelligenz, die Biotechnologie und die molekulare Medizin als Schlüsseltechnologien in Bayern auszubauen und international sichtbar zu machen.
Die erzielten Ergebnisse ermöglichen es den Fachkräften im Gesundheitswesen, sich mit den aktuellen Tuberkulose-Herausforderungen innerhalb und außerhalb Bayerns auseinanderzusetzen.
Die Arbeitsgruppe von PD Dr. Andreas Wieser hat eine neue Proteomik-Technologie entwickelt, die es erstmals ermöglicht neu gebildete Biomoleküle in Mykobakterien, den Erregern der Tuberkulose, über die Zeit genau zu messen. Prof. Dr. Michael Hoelscher trägt mit seiner weltweit führenden Expertise auf dem Gebiet der Infektionskrankheiten und seiner Erfahrung in der Koordination von Arzneimittelstudien bei. Prof. Dr. Hoelscher’s Arbeitsgruppe ermöglicht den Zugang zu neuartigen Substanzen und Daten über klinische Studien im Bereich der Tuberkulose. Prof. Dr. Dr. Fabian Theis und Dr. Michael Menden leiten die rechnergestützten Analysen mit künstlicher Intelligenz.
Kooperationen
Mit ihrer interdisziplinären Grundlagenforschung verbindet das Forschungsteam Expertise aus Bereichen wie Bioinformatik, Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen zum Verständnis zellulärer Prozesse (F. Theis / M. Menden), Analytische Chemie, Medizinische Mikrobiologie (A. Wieser) und Tropenmedizin einschließlich Therapie bei Tuberkulose / Klinische Studien (M. Hoelscher). Dieses Projekt wird stark vom wissenschaftlichen Netzwerk von BayResQ.net profitieren.